ILO-Konventon 169
Auf internationaler Ebene gibt es ein Dokument, das Übereinkommen über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern der Internationalen Arbeitsorganisation (die sog. ILO-Konvention 169), welches für die Vertragsstaaten rechtlich verbindlich ist und ausschließlich die Rechte indigener Bevölkerungen betrifft. Die Konvention wurde am 27. Juni 1989 verabschiedet und trat am 5. September 1991 in Kraft. Bis zum heutigen Tag liegen 23 Ratifikationen der folgenden Länder vor: Norwegen, Mexiko, Kolumbien, Bolivien, Costa Rica, Paraguay, Peru, Honduras, Dänemark, Guatemala, Niederlande, Fidji, Ecuador, Argentinien, Bolivien, Dominica, Brasilien, Spanien, Nepal, Chile, Venezuela, Nicaragua, Luxemburg und der Zentralafrikanischen Republik.
Amnesty ruft alle anderen Staaten auf, die ILO-Konvention 169 ebenfalls zu ratifizieren. Der Bundestag hat am 15. April 2021 die Ratifikation der ILO-Konvention 169 beschlossen.
ILO-Konvention 107
Das Übereinkommen über den Schutz und die Eingliederung eingeborener Bevölkerungsgruppen und anderer in Stämmen lebender oder stammensähnlicher Bevölkerungsgruppen in unabhängigen Ländern aus dem Jahr 1957 ist die Vorgängerversion der ILO-Konvention 169. Sie trat am 2. Juni 1959 in Kraft. Ratifiziert ein Vertragsstaat dieser Konvention die ILO-Konvention 169, kündigt er damit gemäß Artikel 36 der ILO-Konvention 107 automatisch diese Konvention. Nur Portugal hat diese Konvention tatsächlich gekündigt ohne Mitglied der ILO-Konvention 169 zu werden. Für folgende 17 Länder ist die ILO-Konvention 107 verbindlich: Ägypten, Angola, Bangladesch, Belgien, Dominikanische Republik, El Salvador, Ghana, Guinea-Bissau, Haiti, Indien, Irak, Kuba, Malawi, Pakistan, Panama, Syrien und Tunesien.
Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte
Auch der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte enthält mit Artikel 27 eine ausdrückliche Bestimmung über indigene Bevölkerungen. Artikel 27 hat folgenden Wortlaut:
In Staaten mit ethnischen, religiösen oder sprachlichen Minderheiten darf Angehörigen solcher Minderheiten nicht das Recht vorenthalten werden, gemeinsam mit anderen Angehörigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen, ihre eigene Religion zu bekennen und auszuüben oder sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen.
Eine Verletzung der Rechte des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte kann von Einzelpersonen vor dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen geltend gemacht werden.
Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte indigener Völker
14 Jahre nach der Ausarbeitung des ersten Entwurfes hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 13. September 2007 die Erklärung über die Rechte indigener Völker verabschiedet.
143 Staaten haben für die Annahme der Erklärung gestimmt, 11 haben sich enthalten und mit Australien, Kanada, Neuseeland und den Vereinigten Staaten von Amerika haben vier Länder mit großen Indigenenpopulationen dagegen gestimmt. Von 34 Staaten waren bei der Abstimmung keine Vertreter anwesend.
Zwischenzeitlich haben die vier Neinstimmen ihre Ablehnung aufgegeben. Damit gibt es nun keine Gegenstimme mehr. Die USA haben als letztes der vier Länder, nachdem Kanada am 12. November 2010 seine Unterstützung erklärt hat, im Dezember 2010 der Erklärung zugestimmt. Kolumbien war bei der Abstimmung nicht anwesend, hat mittlerweile aber ebenfalls seine volle Unterstützung der Erklärung bekannt gegeben.
Bis zur Verabschiedung war es ein langer Weg. 1985 begann die 1982 vom Wirtschafts- und Sozialrat ins Leben gerufene Arbeitsgruppe über indigene Bevölkerungen mit der Erarbeitung eines Entwurfes über eine Erklärung der Rechte indigener Völker. 1993 legte die Arbeitsgruppe ihren Entwurf dann der Unterkommission für die Verhinderung von Diskriminierungen und für den Schutz von Minderheiten vor, welche diesen dann 1994 genehmigte. Daraufhin wurde der Entwurf an die Menschenrechtskommission weitergeleitet, welche dann eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema einrichtete. Der Menschenrechtsrat verabschiedete am 29. Juni 2006 diesen Entwurf in seiner ersten Sitzung und empfahl ihn der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Annahme.
Die Erklärung über die Rechte indigener Völker ist rechtlich nicht verbindlich. Dennoch wird das Handeln und Unterlassen von Staaten indigene Völker betreffend an dieser Erklärung gemessen und beurteilt.
Die Generalversammlung sprach mit Verabschiedung dieser Erklärung den 370 Millionen Ureinwohnern weltweit das Recht auf Selbstbestimmung und volle Kontrolle über ihr Land zu. Nachfolgend einige Kernsätze der historischen Erklärung in einer dpa-Übersetzung:
Die Vollversammlung erkennt an, dass die Urvölker Anspruch auf den Respekt und Schutz ihrer Rechte haben, die sich aus (…) ihrer Kultur, ihren spirituellen Traditionen, der Geschichte und Philosophie sowie dem Recht auf ihr Land, ihre Territorien und deren Ressourcen ergeben.
Paragraph 2: Urvölker und Ureinwohner sind frei und allen anderen Völkern und Menschen gleichgestellt. Sie haben das Recht auf ein Leben ohne jegliche Form von Diskriminierung.
Paragraph 8: Urvölker und Ureinwohner dürfen nicht zur Anpassung oder zur Aufgabe ihrer Kulturen gezwungen werden.
Paragraph 10: Urvölker dürfen nicht gegen ihren Willen von ihrem Land oder ihren Territorien verdrängt werden.
Paragraph 18: Urvölker haben das Recht, über selbst gewählte Repräsentanten an Entscheidungen mitzuarbeiten, die auch sie angehen (…).
Paragraph 26: Urvölker haben das Recht auf Land, die Territorien und Ressourcen, die traditionell ihnen gehörten, die sie besetzt oder anderweitig erworben hatten.
Paragraph 28: Urvölker haben das Recht auf Entschädigung in Form von Ersatz oder angemessene Erstattung für das Land, die Territorien und die Ressourcen, die ursprünglich ihnen gehörten, die sie besetzt oder benutzt hatten und die (ihnen) gegen ihre freie und informierte Zustimmung abgenommen, benutzt oder beschädigt wurden.
Mehr Informationen und der Text der Erklärung ist in den verschiedenen Sprachen hier abrufbar. Die deutsche Version finden Sie hier.