Kanada: Veurteilung von Wet’suwet’en-Landverteiger aufrecherhalten

v. l. n. r. Shaylynn Sampson; Sleydo‘ (Molly Wickham); Jennifer Wickham; Corey (Jayochee) Jocko am 4. September 2024 vor dem B.C. Supreme Court in Smithers. © Marianne Kersten

Amnesty International hat die Kriminalisierung von Wet’suwet’en und anderen Landverteidiger*innen, die sich gegen den Bau der Coastal GasLink (CGL) Flüssiggaspipeline durch das angestammte Gebiet der Nation wehren, scharf verurteilt. Der Bau der 670 Kilometer langen Pipeline begann ohne die freie, vorherige und informierte Zustimmung der Wet’suwet’en. Dies verstößt gegen kanadische und internationale Menschenrechtsgesetze und -standards, einschließlich der UN-Erklärung über die Rechte indigener Völker, die am 21. Juni 2021 in kanadisches Recht umgesetzt wurde.
Im Juni und Juli 2022 klagte die Staatsanwaltschaft von British Columbia 20 Landverteidiger*innen, darunter Sleydo’ (Molly Wickham), Shaylynn Sampson, eine Gitxsan Frau mit familiären Verbindungen zu den Wet’suwet’en, und Corey „Jayohcee“ Jocko, ein Kanien’kehá:ka (Mohawk), wegen strafbarer Missachtung einer einstweiligen Verfügung an, sich von den Baustellen der Pipeline fernzuhalten – eine Verfügung, die die Menschenrechte der Landverteidiger*innen und die indigenen Rechte der Wet’suwet’en Nation unzulässig einschränkte. Sieben der 20 Landverteidiger*innen bekannten sich aufgrund der restriktiven Kautionsbedingungen sowie der familiären, psychologischen und finanziellen Auswirkungen, die das Strafverfahren für sie hatte, schuldig. Bei fünf weiteren Verteidiger*innen wurde die Anklage fallen gelassen, und fünf weitere warten auf ihren Prozess.
Ein Richter des Supreme Court von British Columbia hat am 18.02.2025 erklärt, dass Mitglieder der der Royal Canadian Mounted Police „grob beleidigende, rassistische und entmenschlichende“ Bemerkungen über indigene Frauen gemacht und damit gegen die kanadische Charta der Rechte und Freiheiten verstoßen haben. Er lehnte es aber ab, die Verurteilungen aufzuheben. Das Verhalten der Polizei sei vielmehr im Strafmaß zu berücksichtigen. Am 3. April 2025 ist der nächste Gerichtstermin in dieser Sache.
Sollten die Landverteiger zu Haftstrafen verurteilt werden, wird Amnesty International sie aller Voraussicht nach als Gewissengefangene einstufen. Das wäre erst das zweite Mal in der Geschichte von Amnesty International, dass in Kanada Inhaftierte zu Gewissengefangenen erklärt werden. Im Juli 2024 wurde Wet’suwet’en Chief Dsta’hyl zum Gewissensgefangenen erklärt, weil er ebenfalls im Zusammenhang mit Protesten gegen die Pipeline inhaftiert wurde.
Als gewaltlose politische Gefangene (POC) gelten nach Ansicht von Amnesty International alle Personen, die ausschließlich aufgrund ihrer politischen, religiösen oder sonstigen Gewissensüberzeugungen, ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihrer Sprache, ihrer nationalen oder sozialen Herkunft, ihres sozioökonomischen Status, ihrer Geburt, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder ihres Geschlechtsausdrucks oder eines sonstigen Status inhaftiert oder anderweitig körperlich eingeschränkt sind (z. B. durch Hausarrest). Unter den Umständen, die zu ihrer Inhaftierung geführt haben, hat Amnesty International weder Gewalt angewendet noch Gewalt oder Hass befürwortet. Wird eine Person als gewaltlose politische Gefangene erklärt, fordert Amnesty International deren sofortige und bedingungslose Freilassung.
Den Kurzbericht finden Sie hier in englischer Sprache und hier in einer deutschen Übersetzung.

16. März 2025